Verwaltungsgericht Frankfurt, 9 L 1667/08
Personalentscheidungen der PBM-NL verfassungswidrig?
Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. stellt demokratische Ordnung der Personalvertretung bei der Deutschen Telekom AG in Frage
VG Frankfurt am Main AZ.: 9 L 1667/08, Beschluss vom 03.09.08
(dm/rs) Das Ergebnis des Verfahrens zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes war für unseren Kollegen sehr erfreulich, aber wenig spektakulär: „Die aufschiebende Wirkung des…Widerspruchs…wird wiederhergestellt.“ Auch das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main ist nunmehr davon überzeugt, dass die bei VCS zugewiesene Tätigkeit nicht einmal für einen Beamten des mittleren Dienstes amtsangemessen ist.
Die Feststellung aber, dass ein bei der PBM-NL beschäftigter Mitarbeiter seiner verfassungsgemäßen Wahlrechte beraubt ist, wirft grundsätzliche Fragen in der Betriebsratstruktur der Telekom auf.
Ansicht der Richter wurde durch die Realität überholt
Das Hauptargument für die Rechtswidrigkeit der Zuweisung der Call-Center-Tätigkeiten bei VCS ist, dass sie sich als für den Antragsteller als Technischen Fernmeldehauptsekretär in der Laufbahn des mittleren Dienstes mit A8 nicht amtsangemessen erweisen. Die Telekom hatte für die als Call- Center-Agent eingesetzten Beamten in einer Checkliste zwar ein breites Band an (unterschiedlich zu bewertenden) Tätigkeiten angegeben, es wurde aber im Verlauf des Verfahrens klar, dass sie den Beamten teilweise nur wenige (überwiegend einfache) Tätigkeiten daraus tatsächlich zuweist.
Fazit: Unterwertige Tätigkeiten werden nicht dadurch amtsangemessen, dass sie in einer Liste auftauchen, in der zusätzlich auch amtsangemessene Tätigkeiten aufgezählt werden.
Die Argumente der Telekom hatte das Gericht bei vorhergehenden Entscheidungen noch anders bewertet!
Neun Monate sind nicht „vorläufig“
Weiterhin stellte die Kammer fest, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zuweisung inhaltlich hinfällig ist, da das Interesse des Antragstellers am einstweiligen Aufschub der Vollziehung der Verfügung – die laut Gericht offensichtlich rechtswidrig ist – das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung überwiegt.
Darüber hinaus äußert das Gericht Zweifel daran, ob die „Vorläufigkeit“ der Zuweisung bei einer fest geplanten Dauer von neun Monaten überhaupt gegeben ist, da sie das Ergebnis des betriebsrätlichen Beteiligungsverfahrens faktisch vorwegnimmt.
PBM-NL und übergestülpter Miniatur-Betriebsrat
Das Gericht wirft die Frage auf, ob generell die Beteiligung eines Betriebsrates (hier PST, nach Umorganisation HR@2009 dann derjenige von CC HRM), den der Betroffene nicht mitwählen kann, zulässig ist. In einem diesbezüglich vor die Kammer gebrachten Hauptsacheverfahren sähe sie sich veranlasst, ein solches Verfahren auszusetzen und vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Eine vom Bundesarbeitsgericht Anfang 2008 getroffene Entscheidung wird somit von der Kammer des Verwaltungsgerichts in Frage gestellt.
Zitat aus VG Frankfurt a.M., AZ.: 9 L 1667/08 vom 03.09.08:
„Nach den auf entsprechende gerichtliche Verfügung vorgetragenen Angaben der Antragsgegnerin war der Antragsteller bis zur Beendigung seiner Beurlaubung am 31.12.2007 ausschließlich zum Betriebsrat des Unternehmens Vivento Technical Services GmbH wahlberechtigt. Nach dem Beginn des Zeitraums der streitigen Zuweisung, also ab 18.02.2008, war er hingegen zum Betriebsrat des aufnehmenden Unternehmens, der Vivento Customer Services GmbH, wahlberechtigt. Die ausdrückliche Frage der Kammer, ob der Antragsteller in der Zwischenzeit oder überhaupt jemals zum Betriebsrat des PST wahlberechtigt gewesen ist, hat die Antragsgegnerin nicht beantwortet. Sie hat dazu vielmehr lediglich ausgeführt, dass der Betriebsrat des PST infolge der Beendigung der Beurlaubung des Antragstellers ab dem 01.01.2008 wieder die Beteiligungsrechte nach § 28 PostPersRG in den ihn betreffenden Angelegenheiten wahrgenommen hat. Aus dem Schweigen der Antragsgegnerin auf die Frage nach der Wahlberechtigung des Antragstellers kann die Kammer nur schließen, dass dieser niemals zum Betriebsrat der PST wahlberechtigt war. Daraus ergibt sich, dass dieser Betriebsrat in Bezug auf die Beteiligung in Angelegenheiten des Antragstellers und der übrigen Beschäftigten der Antragsgegnerin, für die er die Beteiligungsrechte ausübt, augenscheinlich nicht hinreichend demokratisch legitimiert ist. Eine ordnungsgemäße Mitbestimmung erfordert aber nicht die Beteiligung irgendeines Betriebsrates oder Personalrates, sondern gerade eines solchen Betriebsrats, der von den Beschäftigten, die er in ihren personellen Angelegenheiten zu vertreten hat, hinreichend legitimiert ist, also gewährt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Antragsteller zu irgendeinem Zeitpunkt möglich gewesen wäre, ein Wahlrecht zu dem Betriebsrat der PST auszuüben. Unter diesen Umständen kann das Beteiligungsverfahren in Bezug auf die Zuweisung des Antragstellers zur Vivento Customer Services GmbH nicht wirksam durch Beteiligung des Betriebsrats der PST durchgeführt werden.
Das BAG hat zwar ausweislich des von der Antragsgegnerin In das Verfahren eingeführten Beschlusses v. 16.01.2008 (7 ABR 66706) keinen Anlass gesehen, dies rechtlich zu beanstanden. Nach Ansicht der Kammer verstößt die Durchführung von Beteiligungsverfahren auf der Grundlage von §§ 28, 29 PostPersRG unter Hinzuziehung eines von den betroffenen Beschäftigten nicht hinreichend legitimierten Betriebsrats jedoch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Denn insoweit werden die kollektiven Interessen dieser Beschäftigten von einem Betriebsrat wahrgenommen, auf dessen Zusammensetzung sie keinen Einfluss hatten oder haben können, während es den übrigen Beschäftigten der Antragsgegnerin, in deren Angelegenheiten nicht der Betriebsrat der PST zu beteiligen ist, immer möglich ist, auf die personelle Zusammensetzung des sie vertretenden Betriebsrats Einfluss zu nehmen.“
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Dateianhänge
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- vg_frankfurt-m_9l1667_08.pdf
- VG Frankfurt AZ.: 9 L 1667/08, Beschluss vom 03.09.2008