Zuweisungen, Versetzungen und Umsetzungen

Hier findest Du wichtige Gerichtsentscheidungen

Doch aufschiebende Wirkung des Widerspruchs

Verwaltungsgerichtshof Bayern, 15 CS 10.440

VG beachtete ärztliche Feststellung zu wenig

Der VGH Bayern hob den entgegenstehenden Beschluss des VG München auf, weil die Aufgabenbeschreibung der Zuweisung zu VCS „entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts eine Reihe sogenannter (kundenseitig gesteuerter) Inbound-Tätigkeiten, u.a. …“ umfasst, für die die Antragstellerin nach den Feststellungen der Betriebsärztin gesundheitlich nicht geeignet ist (R.-Nr. 8). Also ist die Zuweisung nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht zumutbar (R.-Nr. 7), was aber nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG Voraussetzung ist. Insofern ist im vorläufigen Rechtsschutz (vgl. R.-Nr. 6) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Das Gericht stellt fest, dass mit der dauerhaften Zuweisung ein Amt im konkret-funktionellen Sinn übertragen wird (R.-Nr. 8). Auf die Frage nach dem abstrakt-funktionellen Amt brauchte es wegen der gesundheitlichen Nichtzumutbarkeit der Tätigkeit nicht eingehen (vg. R.-Nr. 9).
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VGH_Bayern_15CS10_440.pdf
VGH Bayern, Beschluss vom 31.03.2010, AZ.: 15 CS 10.440

vorläufige Zuweisung: Umzug nicht zumutbar

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 4 S 2387/09

VGH Baden-Württemberg: GBV Ratioschutz up to date!

Anmerkung zur Entscheidung von Rechtsanwalt Christian Loh, Bad Berleburg:

Auch in Baden-Württemberg wurde nunmehr eine temporäre Zuweisung als rechtswidrig eingestuft. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 12.03.2010 dabei insbesondere auf die Fürsorgepflicht des Dienstherren und die Bindungswirkung der GBV Rationalisierungsschutz abgestellt. Eine Gesamtwegezeit von 4 ¾ Stunden wurde hier als unzumutbar erachtet. Der Schutz der Familie wurde dabei noch einmal in den Vordergrund gerückt. Das Gericht unterstrich auch noch mal die Fortgeltung der GBV Rationalisierungsschutz über den 31.12.2008 hinaus. Nicht zuletzt stellten die Richter klar, dass die DTAG stets Beschäftigungsmöglichkeiten in Wohnortnähe prüfen muss und daneben auch zur Begründung des dringenden dienstlichen Bedürfnisses prüfen muss, ob nicht andere Beamte für die Tätigkeit bereit stehen, die einen geringeren Anfahrtsweg haben.
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VGH_Baden_Wuerttemberg_4S2387_09.pdf
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.03.2010, AZ.: 4 S 2387/09

Jetzt anders herum: Zuweisung muss bestehen bleiben

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 K 7413/09

Widerruf einer Zuweisung musste zurückgenommen werden

Die Klägerin, die gerne ihre zugewiesene Tätigkeiten der ActiveBilling GmbH & Co. KG ausübte, wandte sich gegen den Widerruf der Zuweisung. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat den Widerrufsbescheid aufgehoben mit der Begründung, durch den Widerruf dürfe man nicht in einen Zustand ohne abstrakt-funktionelles Amt zurückfallen.

Zitat aus dem Urteil, S. 4 (in dem erwähnten „ersten Schreiben“ geht es um das Anhörungsschreiben zur nun beabsichtigten Zuweisung zur VCS):
Dabei wird in dem ersten Schreiben ausdrücklich ausgeführt, es stünden „für Ihr Anforderungsprofil bei der Deutschen Telekom AG keine dauerhaften Arbeitsplätze zur Verfügung.“ Die Beklagte räumt damit selbst ein, dass sie den Anspruch der Klägerin auf amtsangemessene Beschäftigung nicht erfüllen werde.
Mit folgendem Satz nimmt das Gericht Bezug auf die BVerwG-Urteile vom 22.06.2006, 2 C 26.05 und vom 18.09.2008, 2 C 126.07, wobei mit "sie" die Telekom gemeint ist:
Auf einen bei ihr bestehenden "Personalüberhang" mit der Folge fehlender Einsatzmöglichkeiten kann sie sich in diesem Zusammenhang nicht berufen, denn dieser Personalüberhang steht nicht im Einklang mit der Rechtsordnung. (S.3)

Kommentar Rechtsanwalt Helmut Legarth, Recklinghausen:
Streitgegenstand im Verfahren 10 K 7413/09 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf war die Frage, ob die DTAG berechtigt war, eine Zuweisung zu widerrufen. Das Gericht verneint das Recht unter Hinweis darauf, dass das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt wurde. Es macht zur Begründung Ausführungen, die über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsam sind.

Das Gericht betont, dass der Beamte einen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Übertragung bzw. Belassung eines abstrakt-funktionellen und konkret-funktionellen Amtes hat. Jede Maßnahme, die in diesen gesicherten Kernbestand eingreift, erweist sich als rechtswidrig. Der Beamte darf nicht in einen Zustand ohne abstrakt-funktionelles Amt überführt werden oder zurückfallen.

Neben diesen amtsbezogenen Aussagen weist das Gericht ergänzend darauf hin, dass sich die DTAG nicht auf einen bei ihr bestehenden Personalübergang und dadurch bedingte fehlende Einsatzmöglichkeiten berufen kann. Insoweit wird die Grundposition aufgegriffen, die das Bundesverwaltungsgericht mehrfach in den Verfahren vertreten hat, in denen es um die Reaktivierung vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter der DTAG ging. Das oberste Bundesgericht hatte betont, dass die DTAG die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nicht unter Hinweis auf den Personalüberhang an Beamten verweigern kann, da dieser nicht in Einklang mit der Rechtsordnung steht. Die sich aus Art. 143 b Abs. 3 Satz 1 GG ergebende verfassungsrechtliche Pflicht, die Rechtsstellung der Beamten der früheren Bundespost zu wahren, verbietet es, sie entgegen Art. 33 Abs. 5 GG einem Personalüberhang zuzuweisen. Denn dadurch werden die Beamten auf unabsehbare Zeit in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit versetzt. (BVerwG, Urteile vom 25.06.2009, 2 C 68.08 und 2 C 74.08)
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VG_Duesseldorf_10K7413_09.pdf
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2010, AZ.: 10 K 7413/09

Harte Kriterien an Zuweisung anzulegen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 15 B 09.2622

Statusangemessenes Funktionsamt darf nicht entzogen werden
In zweiter Instanz wurden Zuweisungsbescheid und Widerspruchsbescheid zur Zuweisung zur DT NP GmbH aufgehoben

Mit der befristeten Zuweisung wird dem Beamten kein abstraktes Funktionsamt bei dem Tochterunternehmen übertragen und es wird ihm außerdem sein bisheriges abstrakt-funktionelles Amt entzogen. Im konkreten Fall existiert nämlich die Niederlassung, bei der er vorher war, gar nicht mehr. Deshalb kann er auch nach Beendigung der Zuweisung nicht auf sein bisheriges Amt „zurückfallen“, eine wichtige Überlegung hinsichtlich der Stabilität des Amtes, des Anspruchs auf gleichberechtigte Chancen bei der Bewerbung um frei werdende Dienstposten oder Beförderungsstellen und für die Wahrnehmung von Teilhaberechten, wie das Gericht feststellt (R.-Nr. 20). Die „Zuordnung des Klägers zu einer lediglich personalverwaltenden Stelle genügt den Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG nicht“ (R.-Nr. 20). Der Beamte hat eine Beschäftigungssituation wie ein Leiharbeiter.

Kommentar:
Rechtsanwalt Rainer Roth
Damit ist die Befristung der Zuweisung vom Tisch. Das Urteil enthält aber ein "obiter dictum" (richterliche Aussage über den Streitgegenstand hinaus):

"Von einer dauerhaften Einbindung bei einem privaten Unternehmen, die der Übertragung eines abstrakten Funktionsamtes gleichgesetzt werden könnte, kann nur gesprochen werden, wenn der zugewiesene Beamte dauerhaft mit einem neuen Kreis von Arbeitsposten verbunden wird, ...."

Danach "könnte" die dauerhafte Zuweisung mit der Übertragung eines abstrakten Funktionsamts gleich gesetzt werden. Es ist offensichtlich, dass hier demnächst "die Musik spielt". Für die dauerhaften Zuweisung ab 07/10 wird neben der Amtsangemessenheit diese Frage von entscheidender Bedeutung sein. Kann ein abstraktes Funktionsamt bei einem privaten Dritten angesiedelt sein, dem keine Dienstherreneigenschaft übertragen wurde? Ich persönlich halte das für sehr bedenklich. Zugewiesen werden können Tätigkeiten, aber keine Ämter.
Keine Zuweisung ist dauerhaft. Selbst ohne Befristung kann sie widerrufen und aufgehoben werden. Möglicherweise wird sie mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Der BayVGH hat in einem weiteren "obiter dictum" in anderen Fällen sich über die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs bereits Gedanken gemacht.
Danach ist ein Widerruf nur möglich, wenn er verfassungs- und beamtenrechtskonform ausfällt. Sprich: ein Widerruf in die "Untätigkeit" mangels Behördenexistenz ist nicht möglich. Ebenso wenig ein Widerruf, ohne dass positiv festgelegt wird, wo nach dem Widerruf der Beamten mit welcher Tätigkeit arbeiten soll. Es ist offensichtlich: Die Vivento-Situation wird sich in Zukunft bei der Zuweisung wiederholen!

Übrigens: Die überwiegende Mehrzahl der Verwaltungsgerichte hatte in den Eilverfahren die befristete Zuweisung als zulässig erachtet. Das Urteil hier lehrt, dass man sich nicht entmutigen lassen soll, trotz des bürgerfeindlichen Systems der Notwendigkeit einer Berufungszulassung. Die Berufungszulassung (das heißt in der Praxis: die Nichtzulassung der Berufung) würgt die Rechtsentwicklung ab, statt sie zu fördern. Erstinstanzlich hatte die Telekom AG unserem Antrag auf Sprungrevision zugestimmt. Das erstinstanzliche Gericht hatte diese übereinstimmende Willenserklärung der Prozessparteien ignoriert und zugleich die Berufung nicht zugelassen. Neben dem Ärgernis, für die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsakten bereits am Anfang des Prozesses drei Gerichtsgebühren zahlen zu müssen (die Situation ist mit der vor Zivilgerichten nicht vergleichbar), ist der Zwang der Berufungszulassung der größte Hemmschuh für die Rechtsentwicklung. Dies ist politisch gewollt.
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VGH_Bayern_15B09_2622.pdf
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 28.01.2010, AZ.: 15 B 09.2622

Beschwerde verworfen

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, 5 ME 262/09

Telekom hat sich bei der Beschwerde nicht hinreichend mit der Nichtübertragung eines konkret-funktionellen Amtes bei der Zuweisung auseinandergesetzt

Sie habe, so das Gericht, dies (Übertragung des konkret-funktionellen Amtes) unzulässigerweise dem Tochterunternehmen überlassen (S.4).
Der Senat zitiert seine eigene Definition der „Doppelnatur“ der Zuweisung.

Der Begriff der dauerhaften Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit umfasst zweierlei:
„Er beinhaltet zum einen die dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „abstrakten“ Tätigkeit, worunter die Begründung einer dauerhaften Bindung zwischen der Beamtin und einem Kreis von Arbeitsposten zu verstehen ist, die bei einer Organisationseinheit – wie z.B. einer Filiale, einem Betrieb oder einem Werk – eines Tochter- oder Enkelunternehmens oder einer Beteiligungsgesellschaft des Postnachfolgeunternehmens (hier: Deutsche Telekom AG) auf Dauer eingerichtet und ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne als gleichwertige Tätigkeiten zugeordnet sind. Es enthält zum anderen die Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „konkreten“ Tätigkeit, und zwar in Gestalt der erstmaligen Übertragung eines derjenigen Arbeitsposten, zu deren Kreis mit der dauerhaften Zuweisung einer dem Amt entsprechenden „abstrakten“ Tätigkeit eine Bindung begründet wird.“ (S.4)
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OVG_Niedersachsen_5ME262_09.pdf
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss vom 28.01.2010, AZ.: 5 ME 262/09

Beschwerde zurückgewiesen

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, 5 ME 272/09

OVG bestätigt Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Zuweisung, die 14 Tätigkeiten angab, von denen aber nur zwei ausgeübt würden

Einleitungskommentar:
In diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Niedersächsische OVG einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg bestätigt, wonach eine dauerhafte Zuweisung zur DTNP GmbH nicht mehr vollzogen werden darf, wenn es die DTAG dem in diesem Falle aufnehmenden Unternehmen DTNP überlässt, sich aus einer in der Zuweisungsverfügung genannten sehr großen Bandbreite an möglichen Tätigkeiten einige wenige herauszusuchen und zu einem Arbeitsposten für den Beamten mit Zuweisung zusammenzustellen.

Das OVG rügte die vorliegende Globalzuweisung der DTAG und die daher zwingend notwendige Vornahme der konkreten Einsatzgestaltung in rechtswidrigem Umfang seitens des aufnehmenden Unternehmens DTNP als systematisch unrichtig. Mit der Zuweisungsverfügung müsse dem Beamten die genaue tatsächlich auszuübende konkret- funktionelle Tätigkeit (ggf. per genauer Stellenbezeichnung eines bei dem aufnehmenden Unternehmen organisatorisch sichtbaren Arbeitsplatzes) zugewiesen werden. Die Beweislast, dass diese Tätigkeit auch amtsgemäß ist und bleibt, trüge die DTAG stets selbst und nicht das aufnehmende Unternehmen. Das aufnehmende Unternehmen hätte lediglich sicherzustellen, dass die zugewiesene Tätigkeit durch den Beamten vollumfänglich ausübbar sei und bliebe. Schließlich würde der Beamte durch das Zuweisungsverfahren bei dem aufnehmenden Unternehmen nicht zur dortigen beliebigen Verwendung endgültig „abgegeben“ sondern es würde dem Beamten eine per Zuweisungsverfügung konkret umrissene Tätigkeit auf einem bei dem aufnehmenden Unternehmen vorhandenen Arbeitsplatz zugewiesen, dessen dienstrechtlich relevante Qualität die DTAG genau zu überwachen hätte.

Das Direktionsrecht des aufnehmenden Unternehmens erschöpfe sich z. B. in Anweisungen über die zeitliche Abfolge der zugewiesenen Tätigkeiten oder darin, den Beamten dahingehend „anzuleiten“, dass er die zugewiesenen Tätigkeiten tatsächlich ausüben könne. Einschränkungen des konkret zugewiesenen Arbeitsfeldes und - umfanges dürfe das aufnehmende Unternehmen (DTNP) keinesfalls vornehmen.

Das Gericht stützte sich bei seiner Beschlussfindung auf die vom Beamten vorgelegten, zuvor aus der Befragung von Kollegen gewonnenen Daten über die tatsächlichen Arbeitsinhalte und deren zweifelhafte Verteilung bei dem aufnehmenden Unternehmen DTNP. Im Verfahren hatte die DTAG dem Beamten von sich aus lediglich angeboten, von der Widerrufsklausel in der Zuweisungsverfügung keinen Gebrauch zu machen.
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OVG_Niedersachsen_5ME272_09.pdf
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.01.2010, AZ.: 5 ME 272/09

Vorübergehende Zuweisung nicht amtsangemessen

Verwaltungsgericht München, M 21 S 09.5380

Grundsätzlich wichtige Entscheidung: Vorübergehende Zuweisung führt nicht zur Erfüllung des Anspruchs auf eine amtsangemessene Beschäftigung

In Übereinstimmung mit Aussagen des VG Stuttgart (Urteil vom 17.08.2009, AZ.: 11 K 3524/08, siehe oben) verneint das Gericht die Möglichkeit, dass eine vorübergehende (befristete) Zuweisung den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung erfüllt. Damit wäre eine solche Zuweisung nur in bestimmten Fällen (Zustimmung des Beamten, Hinführung zu dauerhafter Zuweisung) zulässig. Zumindest für denjenigen Beamten, der seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend gemacht hat, zählt das Merkmal der Dauerhaftigkeit zu den strengen Voraussetzungen der Regelungen der Sätze 2 und 3 des § 4 Abs. 4 PostPersRG. Es verstößt, so das Gericht in diesem Zusammenhang, gegen Art. 33 Abs. 5 GG, „Beamten die bisherigen Funktionsämter zu entziehen, ohne ihnen eine andere, ihrem Status entsprechende Ämterstellung zu übertragen“.
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VG_Muenchen_M21S09_5380.pdf
Bayerisches Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 11.01.2010, AZ.: M 21 S 09.5380

Gegen "Erst-recht-Schluss" bei befrist. Zuweisung

Verwaltungsgericht Stuttgart, 11 K 3524/08

Stuttgarter Verwaltungsgericht erhärtet Zustimmungspflicht des Beamten bei befristeten Zuweisungen

Ausdrücklich wendet sich das Gericht gegen den teilweise von anderen Gerichten vertretenen „Erst-recht-Schluss“, der gegen den Gesetzeswortlaut des § 4 PostPersRG aussagt, dass, wenn eine Zustimmung des Beamten bei unbefristeten Zuweisungen nicht nötig sei, sie dann bei befristeten erst recht nicht nötig sei. Eine vorübergehende (konzerninterne) Zuweisung sei nämlich beamtenrechtlich überhaupt nicht vorgesehen, sagt dagegen das Gericht, weil sie schon den Anspruch des Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung verletzen würde (R-Nr. 39), zu dem ja die Dauerhaftigkeit gehört.
Hinzu kommt, dass die Zustimmung des Beamten praktisch bei Zuweisungen, die drei Monate oder kürzer währen, die Stelle der Zustimmung des Betriebsrates bei längeren Zuweisungen einnimmt (vgl. § 123a BRRG und § 76 Abs. 1 Nr. 5a Personalvertretungsgesetz).
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VG_Stuttgart_11K3524_08.pdf
Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 17.08.2009, AZ.: 11 K 3524/08

Strenge Kriterien für dauerhafte Zuweisung

Verwaltungsgericht Gießen, 5 K 133/09.GI

Dauerhafte Zuweisung zu VCS: Zu große Bandbreite der möglichen Besoldungsgruppen verhindert „Konkretisierung des Amtsangemessenen“ bereits bei der Telekom

Das Gericht hält es für erforderlich, „schon in der Zueisungsverfügung selbst dem Beamten, dem im Zuge der Zuweisung in Folge der Zuordnung zu einer neuen organisatorischen Einheit sein bisheriges abstrakt-funktionelles Amt und sein bisheriger Dienstposten entzogen werden, mit einem neuen Kreis von Arbeitsposten – vergleichbar dem konkret-funktionellen Amt – zu verbinden, die seinem statusrechtlichen Amt entsprechen bzw. gleichwertig sind…“ (S. 8f)
In diesem Falle aber „scheitert die in der Zuweisungsentscheidung erforderliche Gewährleistung der amtsangemessenen Beschäftigung bereits daran, dass das beschriebene Aufgabenspektrum sowohl die Besoldungsgruppen A6 und A7 als auch die Besoldungsgruppen A7 bis A 9 abdeckt.“ (S.9) Dementsprechend stellt der Zuweisungsbeschluss die Amtsangemessenheit nicht sicher.
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VG_Giessen_5K133_09GI.pdf
Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 5. November 2009, AZ.: 5 K 133/09.GI

Gericht ersetzt Zustimmung des BR nicht

Arbeitsgericht Darmstadt, 11 BV 6/08

Aufnehmender Betriebsrat widerspricht erfolgreich Zuweisung, da Arbeitnehmer des eigenen Betriebs dadurch kündigungsgefährdet sind

In diesem Fall ging es darum, dass ein Telekom-Unternehmen (DTAG-Tochter) einen Beamten der Telekom, der die Stelle schon im Rahmen einer beendeten Beurlaubung versehen hatte, nun per Zuweisung erhalten sollte. Der Betriebsrat lehnte dies nach § 99 Absatz 2 Punkt 3 ab (Besorgnis der Kündigung eines Betriebsmitarbeiters). Das Gericht lehnte den Antrag des Unternehmens, die Zustimmung zu ersetzen, ab.
Zunächst: Eine Zuweisung gemäß § 4 Abs. 4 PostPersRG (in diesem Falle eine dauerhafte, mit Zustimmung des Beamten!) ist eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG, also zustimmungspflichtig. Dann: Wurde bereits ein Interessenausgleich und Sozialplan ausgehandelt, ist von Kündigungsgefahr auszugehen, auch wenn Kündigungen hier wohl noch nicht ausgesprochen wurden.
Wichtig des Weiteren: Die Einschränkung, dass auf die fragliche Stelle keiner der von Kündigung bedrohten Mitarbeiter qualifiziert werden könne, wurde von der Telekom zwar ausgesprochen, aber nicht „substantiiert vorgetragen“. Und: Auf eine konzerninterne Vereinbarung, dass den Arbeitsvertrag kündigenden beurlaubten Beamten dieselben Tätigkeiten zugewiesen würden, kann sich das Unternehmen nicht berufen, da diese Vereinbarung nicht mit dem Betriebsrat abgestimmt war.
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ArbG_Darmstadt_11BV6_08.pdf
AG Darmstadt, Beschluss vom 09.10.2009, AZ.: 11 BV 6/08

Zuweisung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig angesehen

Verwaltungsgericht Köln, 15 K 91/09

Hinreichend definiertes Aufgabenfeld, das einem Amt im dienstrechtlichen Sinne zugeordnet werden kann, fehlt

Nachdem zahlreiche einstweilige Rechtsschutzverfahren betreffend der vorübergehenden Zuweisung von Beamten an die VCS GmbH als "Service-Center-Agent" geführt wurden, sind jetzt auch erste Entscheidungen im Hauptsacheverfahren vorhanden. Sofern - wie vorliegend - sich die Zuweisungsverfügung noch im Widerspruchsverfahren erledigt hat, sind die Klagen als Feststellungsklage weitergeführt worden.
Das Verwaltungsgericht Köln hat in der Entscheidung den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss des OVG Münster vom 16.03.2009, AZ.: 1 B 1650/08, aufgegriffen und seine Entscheidung darauf gestützt.

Kommentar
In dem entschiedenen Fall wurde zunächst ausführlich über die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsbeteiligung, die nach damaliger Gesetzeslage für vorübergehende Zuweisungen von drei Monaten noch erforderlich war, gestritten. Hintergrund ist eine virtuell ausgestaltete Betriebsratsbeteiligung (Einstellung von Daten in ein Gruppenlaufwerk, auf welches Betriebsratsmitglieder Zugriff haben). Die durchaus interessante Frage, ob dieses Verfahren zulässig ist, lässt das VG Köln eingangs der Entscheidungsgründe bewusst offen.
Was die Zustimmung des Beamten zu einer vorübergehenden Zuweisung angeht, folgt das Verwaltungsgericht in dieser umstrittenen Frage der Auffassung, dass bei einer nur vorübergehenden Zuweisung zu einem Tochterunternehmen als Minus zur dauerhaften Zuweisung die Zustimmung des betroffenen Beamten nicht erforderlich ist.
In der Sache selbst macht die für Bundesbeamte zuständige 15. Kammer des VG Köln dann aber in Anlehnung an den bekannten Beschluss des OVG Münster vom 16.03.2009 klar, dass eine Zuweisungsverfügung ein hinreichend definiertes Aufgabenfeld umschreiben muss, welches einem abstrakten oder konkreten Amt im dienstrechtlichen Sinne zugeordnet werden könnte. Weil dies nicht der Fall sei, sei die Zuweisungsverfügung rechtswidrig gewesen.
Rechtsanwalt Frank Wieland
Koblenzer Straße 121 - 123
53177 Bonn
Wieland@Heinle-partner.de"
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VG_Koeln_15K91_09.pdf
VG Köln, Urteil vom 15.10.2009, AZ.: 15 K 91/09

Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 L 738/09 und Oberverwaltungsgericht NRW 1 B 1623/09

Zuweisung ohne Amtsübertragung grundsätzlich rechtswidrig
Aus dem Gerichtsbeschluss im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht hervor, dass dem Beamten bereits mit der Zuweisung sowohl ein abstrakt-funktionelles Amt als auch ein konkret-funktionelles Amt übertragen werden muss (Seite 6) . Bei PBM-NL und bei Vivento Beamten ist das ja praktisch nie der Fall. Also reicht die alleinige Übertragung amtsangemessener Tätigkeiten ohne Innehaben eines Funtionsamtes, so wie es in letzter Zeit vereinzelt Gerichte gerne empfunden hatten, nicht aus.

Die Kammer erkennt, dass sich ein Beamter bei der PBM-NL strukturell in keiner anderen Situation befindet, als die unmittelbar noch von Vivento betreuten Beamten (Seite 5). Ebenfalls setzt sich die Kammer kritisch mit den bayrischen Entscheidungen des VGH München auseinander (siehe hierzu in unser Datenbank unter viewtopic.php?t=195 den Kommentar von Herrn Rechtsanwalt Höwekamp zu dem erstinstanzlichen Urteil).

Das Gericht sieht den Widerspruch zwischen dauerhafter Zuweisung und Widerrufsvorbehalt als zu Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit führend (S.3).
Auch aus sozialen Gründen könnte der Zuweisungsbescheid unrechtmäßig sein (Umzug trotz Widerrufsvorbehalt?).


Gegen den Beschluss des VG Gelsenkirchen legte die DTAG Beschwerde ein und es kam zur Verhandlung vor dem OVG NRW am 27. Mai 2010:

OVG NRW 1 B 1623/09
OVG NRW weist Beschwerde der Telekom zurück und bekräftigt beachtliche Rechtszweifel an dauerhafter Zuweisung zur DTNP.
Die DTAG konnte die "beachtlichen Rechtszweifel" der ersten Instanz nicht ausräumen. Das OVG macht klar, dass die Rechtstellung des Beamten in besonderem Maße einer effektiven Sicherung bedarf, wenn der Beamte nicht mehr bei dem Nachfolgeunternehmen selbst, sondern bei einem Tochter- oder Enkelunternehmen beschäftigt werden soll. Mit der Zuweisung muss ihm auch ein "Amt" im abstrakt - wie auch im funktionellen Sinne übertragen werden. Abstrakter und konkreter Aufgabenbereich müssen - zueinander klar abgegrenzt - bereits aus der Zuweisungsverfügung deutlich hervorgehen.
Zweifel hegt das OVG auch an der Bestimmtheit der Verfügung und an der Wertigkeit der Aufgaben gemessen am Statusamt.
Dateianhänge
OVG_NRW_1B1623_09.pdf
OVG NRW 1 B 1623/09
VG_Gelsenkirchen_12L738_09.pdf
VG_Gelsenkirchen_12 L738_09

Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 10 L 1169/09

Zuweisung offensichtlich rechtswidrig

Für die Konstellation, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine Zuweisungsverfügung als offensichtlich rechtswidrig angesehen wird und deshalb der Schutz des Betroffenen das öffentliche Interesse am (angeordneten) Sofortvollzug überwiegt, gab es ja schon viele Beispiele (s. Datenbank).
Hier geht es um eine dauerhafte Zuweisung zur VCS, die gegen den Grundsatz der Amtsangemessenheit verstößt. Es gibt kein hinreichend definiertes Aufgabenfeld, das einem abstrakten oder konkreten Amt zugeordnet werden könnte. Es gibt nur eine vage Umschreibung der Einzeltätigkeiten, denen ein spezifischer Gegenstandsbereich nicht zugeordnet ist. Der Aufgabenkreis, der die amtsangemessene Tätigkeit sicherstellen würde, darf auch vom aufnehmenden Unternehmen nicht substantiell verändert werden können.
Inhaltlich schon gegen die neue KBV Beamtenbewertung stellt sich die Aussage des Gerichtes, auf die Bewertung der zugewiesenen Tätigkeiten komme es nicht an, da das zugewiesene Aufgabenfeld ja nicht eindeutig bestimmt sei. Im praktischen Vollzug handelt es sich sogar um „eine beliebige Aushilfstätigkeit“!
Dateianhänge
vg_duesseldorf_10l1169_09_191.pdf
VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.10.2009, AZ.: 10 L 1169/09

Dauerhafte Zuweisung voraussichtlich rechtswidrig

Verwaltungsgericht Stade, 3 B 1143/09

Gericht wegen Unbelehrbarkeit der Telekom leicht genervt

Vorläufiger Rechtschutz.
Aus mehreren Gründen wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine dauerhafte Zuweisung wiederhergestellt.
Zunächst:
„dass eine befristete Zuweisung aufgrund einer fehlenden Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne rechtswidrig ist, ist in der Rechtsprechung geklärt…“
Hier handelt es sich offensichtlich um eine dauerhafte Zuweisung. Aber: Die Anordnung des Sofortvollzugs ist so begründet, wie es das Gericht bereits einmal als zweifelhaft bezeichnet hatte (AZ 3 B 537/09, s.o. in unserer Datenbank). Und die Zuweisung ist offensichtlich rechtswidrig, da die Aufgabenbeschreibung so unklar ist, dass „die für die Antragstellerin vorgesehene Tätigkeit schlicht nicht nachvollziehbar“ ist. Also ist auch die Amtsangemessenheit nicht überprüfbar. Darüber hinaus ist sie aber wahrscheinlich auch nicht gegeben. Das Gericht (!) ermittelte, dass eine ähnliche Stelle mit den Worten „Schulabschluss: nicht relevant“ ausgeschrieben war.
Außerdem ist der Widerrufsvorbehalt, mit dem die Zuweisungsverfügung versehen ist, ein Indiz dafür, dass „Anhaltspunkte für eine lediglich befristet mögliche Aufgabenerfüllung bestanden“. Und: Durch die Zuweisung wurden Aufgaben der Personalführung auf das Tochterunternehmen übertragen, was dienstrechtliche Befugnisse jenseits eines betrieblichen Direktionsrechts betrifft und deshalb nicht sein darf (vgl. inhaltlich die vorhergehende Entscheidung des VG Oldenburg hier in der Datenbank).
Dateianhänge
VG_Stade_3B1143_09.pdf
VG Stade, Beschluss vom 29. 09. 2009, AZ.: 3 B 1143/09

Aufschiebende Wirkung gegen Sofortvollzug

Verwaltungsgericht Oldenburg, 6 B 2281/09

Neue Aspekte gegen Zuweisungspraxis der Telekom

Das Gericht geht auf $ 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG (dauerhafte Zuweisung) ein: Die Zuweisung einer dem Amt entsprechenden abstrakten Tätigkeit bedeutet die Begründung einer dauerhaften Bindung zwischen dem Beamten und einem Kreis von Arbeitsposten, die beim Tochter-, Enkel- oder Beteiligungsunternehmen auf Dauer eingerichtet und dem Amt im statusrechtlichen Sinne als gleichwertige Tätigkeit zugeordnet ist.
Dabei darf die dauerhafte Zuweisung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit i.S.d. § 4 Abs.4 Satz 2 PostPersRG auf diesen Inhalt nicht verengt werden. Sie umfasst nämlich – zum anderen – die Zuweisung einer dem Amt entsprechenden konkreten Tätigkeit, in Gestalt der erstmaligen Übertragung eines derjenigen Arbeitsposten, zu deren Kreis mit der dauerhaften Zuweisung einer dem Amt entsprechenden abstrakten Tätigkeit eine Bindung begründet wird (…).
Die Übertragung eines amtsangemessenen Tätigkeitsbereiches muss bei Zuweisungen von vorneherein sichergestellt sein. Die Tochter-, Enkel- oder Beteiligungsunternehmen haben immer nur ein betriebliches Direktionsrecht, die dienstrechtlichen Befugnisse liegen nach wie vor bei der Telekom, die daher auch mit der Zuweisung selbst die Verwendung des Beamten auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten regeln muss.

Dem widerspricht es z.B., so zitiert das Gericht einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 16.03.2009, AZ.: 1 B 1650/08, siehe diese Datenbank weiter oben), „wenn die Aktiengesellschaft ihre Zuweisungen so gestaltet, dass die wesentlichen Entscheidungen über den Einsatz eines zugewiesenen Beamten durch die Tochtergesellschaft getroffen werden können oder sogar getroffen werden müssen.“ Das breite Tätigkeitenspektrum der hier in Frage stehenden Zuweisung läuft aber auf genau das hinaus. Sogar die Identität der tatsächlichen Tätigkeit des Beamten mit der vor der Zuweisung entbindet nicht von der Pflicht, die Verwendung des Antragstellers auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten mit der Zuweisungsverfügung selbst zu regeln und sicherzustellen (s.o.).
Dateianhänge
VG_Oldenburg_6B2281_09.pdf
Verwaltungsgericht Oldenburg, Beschluss vom 30.09.3009, AZ.: 6 B 2281/09

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