Kommentar 29.09.2022 von F. Wieland, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, WIELAND Rechtsanwälte GbR
Gegenstand des Verfahrens ist ein Vermerk der Leiterin CSS-HCS über den Abbruch der Beförderungsmaßnahmen 2016, 2017, 2018/2019 und 2020/2021 auf diversen Beförderungslisten (insgesamt auf 26 Beförderungslisten), welcher den betroffenen Beamt:innen überwiegend mit Schreiben vom 12.07.2022 kommuniziert wurde.
In diesem Vermerk wird die Abbruchentscheidung ausschließlich damit begründet, dass die Beförderungsrunde nicht mehr auf der Basis der benannten Beurteilungen fortgesetzt werden könne.
Wörtlich:
„Da seit Mitte Juni 2022 die dienstlichen Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten des gehobenen und höheren Dienstes (ohne die Besoldungsgruppe A 13vz nichttechnisch) sowie der Besoldungsgruppe A9vz für den Zeitraum 01.09.2019 bis 31.08.2021 eröffnet werden, kann das bisherige Auswahlverfahren aus dem Beförderungsrunden 2016, 2017, 2018/2019 und 2020/2021 nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen. Es wird daher nicht mehr fortgeführt, sondern endgültig abgebrochen.“
Beamt:innen haben sich hiergegen mit einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel des Fortführung des jeweils betroffenen Stellenbesetzungsverfahrens zur Wehr gesetzt. Bundesweit dürften zahlreiche Verfahren anhängig sein. Obergerichtliche Rechtsprechung fehlt bislang. Die erstinstanzlichen Gerichte entscheiden ganz unterschiedlich.
Die 2. Kammer des VG Koblenz hat mit Beschluss vom 05.09.2022 im Verfahren 2 L 772/22.KO einem entsprechenden Antrag stattgegeben und daran zwischenzeitlich auch in entsprechenden Parallelentscheidungen festgehalten. Gegen den v.g. Beschluss hat die DTAG Beschwerde zum OVG eingelegt. Das VG Koblenz hat im v. g. Beschluss zutreffend hergeleitet, dass der Abbruch einer Willkür- und Missbrauchskontrolle nicht standhält und führt zutreffend aus, dass der Abbruch allein aus Gründen der fehlenden Aktualität der dienstlichen Beurteilung keinen personalwirtschaftlichen Charakter besitzt und nicht in der Organisationsgewalt des Dienstherrn wurzelt, sondern allein dem Zweck, ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügendes Stellenbesetzungsverfahren nicht fortzuführen.
Wörtlich:
„Der endgültige Abbruch fußt auf dem Organisationsermessen des Dienstherrn, das dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagert ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 25. März 2019 – 2 B 10139/19.OVG –, juris Rn. 27). Um den endgültigen Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht als willkürlich erscheinen zu lassen, ist der Dienstherr demnach gehalten, von seinem weiten Organisationsermessen unter Heranziehung personalwirtschaftlicher oder organisationsrechtlicher Erwägungen Gebrauch zu machen. Daran fehlt es hier. Der Abbruchvermerk und die an den Antragsteller gerichtete Abbruchmitteilung enthalten keine Ausführungen dazu, aus welchen personalwirtschaftlichen bzw. organisationsrechtlichen Gründen von einer Besetzung der Stellen der Beförderungsliste „ … “ endgültig abgesehen wird. (…) Da es vorliegend an einer tragfähigen Begründung für den endgültigen Abbruch fehlt und es infolge dessen nicht überprüfbar ist, ob der endgültige Abbruch auf einer dem Organisationsermessen der Antragsgegnerin zuzuordnenden Entscheidung beruht, stellt er sich als willkürlich dar. Unbeschadet der Tatsache, dass es insoweit allein auf die in der Abbruchentscheidung angeführten Gründe ankommt, hat die Antragsgegnerin auch in ihrer Antragserwiderung keine personalorganisatorischen Gründe für den endgültigen Abbruch angeführt, sondern lediglich geltend gemacht, sie sei „rechtlich gehalten“ gewesen, diese Entscheidung zu treffen. Die Einschätzung, dass die Nichtbesetzung der im Streit stehenden Stelle offensichtlich nicht von auf die konkrete Stelle bezogenen personalwirtschaftlichen Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin getragen ist, wird schließlich dadurch verstärkt, dass vor der erkennenden Kammer inzwischen mehrere Eilrechtsschutzverfahren anhängig sind, die den Abbruch der Stellenbesetzungsverfahren zu verschiedenen Beförderungslisten mit jeweils wortgleicher Begründung betreffen.“